Berlins U-Bahnhöfe


 U-Bhf Rüdesheimer Platz 

Dieser Bahnhof entstand im Rahmen des Projektes Wilmersdorf-Dahlemer Schnellbahn und wurde am 12. Oktober 1913 eröffnet. Wilmersdorf galt damals als sehr vermögende Vorstadt, deren Einwohnerzahl stark steigende Tendenz hatte. Bereits kurz nach der Jahrhundertwende gab es in Wilmersdorf Bestrebungen, einen Schnellbahnanschluß nach Berlin zu bauen. Diesen Wunsch verfolgte auch der Preussische Fiskus mit seiner Domäne in Dahlem. Relativ schnell war man sich darüber im Klaren, dass man eine gemeinsame Bahn bauen würde. Sie sollte in der Gegend vom Wittenbergplatz aus der seit 1902 bestehenden Westlichen Stammstrecke ausfädeln und dann quer durch Wilmersdorf führen. Anfänglich plante Wilmerdorf lediglich den Bau bis zum Fehrbelliner Platz. Als nun jedoch Dahlem selbst einen Anschluss wollte und der Stadt Wilmersdorf einen nicht unerheblichen Baukostenzuschuss in Aussicht stellte, schien auch den Wilmersdorfern Körperschaften klar, dass bis an die Dahlemer Grenze heran weitergebaut werden sollte. Wilmersdorf verfolgte zunehmend klare Eigeninteressen, denn der verkehrsmäßig unerschlossene Süden des Stadtgebietes ließ sich auf diese Art hervorragend und ertklassig erschließen und teuer parzellieren. Die Idee des "Rheingau-Viertels" war geboren. 1909 wurde mit dem Bahnbau begonnen. Im Rheingau-Viertel sollten drei Bahnhöfe entstehen: Heidelberger Platz, Rüdesheimer Platz und Rastatter Platz, also drei der insgesamt fünf Wilmersdorfer Bahnhöfe. Für die Gestaltung war ein Beamter der Stadt Wilmersdorf verantwortlich: Wilhelm Leitgebel. Er schuf die damals wohl aussergewöhnlichsten Bahnhöfe des Berliner U-Bahnnetzes. Alles sollte edler, besser und natürlich auch teurer sein, als bei den Nachbarn. Während Charlottenburg sich 1906/08 noch an den Hochbahnarchitekten Grenander wandte, wählte Schöneberg eigene Architekten, die eine höherwertige Ausgestaltung vornahmen, wollte Wilmersdorf dies noch übertrumpfen. Dies ist den Wilmerdorfern durchweg gelungen! Leitgebel wählte hier die Naturverbundenheit ud das Rheingau-Viertel als deutsches Weinanbaugebiet als Bahnhofsthema, in dem er Mosaiken, Keramikplatten und Medallions mit Kriechtieren und Insekten, Trauben und Weinlaub gestaltete. Der gehässige Volksmund verschonte diesen Bahnhof nicht: "Wanzenbahnhof" wurde er genannt!

Als die U-Bahn 1913 eröffnet wurde, war hier am Rüdesheimer Platz noch nicht viel los. Der Siedlungsbau setzte in jener Zeit erst ein, wurde durch den 1. Weltkrieg aber wieder beendet. Nur die platzbegrenzenden Bauten wurden bis 1915 fertig. Erst in den 20ern ging es mit verhaltenem Tempo weiter. Dies ist auch der Grund, warum auf dieser durchgehenden Linie die Züge nicht durchfuhren: Wollte man vom Wittenbergplatz zum Rüdesheimer Platz fahren, mußte man am Fehrbelliner Platz umsteigen. Dort nämlich setzten die langen Züge aus und fuhren zurück in die Stadt. Es kam dann vom Kehrgleis ein Zweiwagenzug oder gar ein Einzelwagen, der dann die Folgestrecke zum Thielplatz befuhr. Diese Betriebspraxis wurde bis 1929 beibehalten, als die Strecke zur Krummen Lanke verlängert wurde.


Der nördliche Zugang, Zustand 1983 als Wiederaufbau

Am 24. April 1945 fuhren letztmalig Züge zwischen Wittenbergplatz und der Krummen Lanke. In dieser Zeit zerstörte ein Angriff den nördlichen Zugangsbereich des Bahnhofes. Im Übrigen hatte die Strecke nicht allzuviele Beschädigungen aufzuweisen.

Am 7. Juni 1945 konnte der Zugverkehr in einem eingleisigen Pendelverkehr wieder aufgenommen werden. Der Zug pendelte zunächst zwischen Rüdesheimer Platz und Hohenzollernplatz. Seit 21. Juni fährt der Pendelzug sogar weiter bis zum nächsten Bahnhof, dem Breitenbachplatz. Am 17. August wurde der Pendelverkehr in einen Umlaufbetrieb mit zwei Gleisen umgewandelt. Die Züge fuhren von der Krummen Lanke bis zum Fehrbelliner Platz. In Richtung Innenstadt wurde es dann noch problematischer, da eine Lücke im Netz bestand, doch ab 6. Oktober gelangte man mit der U-Bahn wieder ohne Umsteigen bis zum Wittenbergplatz.


Kassenhäuschen aus Holz in der nördlichen Vorhalle, 1983


Stützpfeiler mit bereits fehlenden Mosaiken (1983)

Um 1983 wurde der nördliche Zugangsbereich dem Leitgebel´schen Ursprung entsprechend wieder hergerichtet. 1988 wurden in den Wandvertiefungen Märchenbilder der Weingeister mit einem Volksfest eingeweiht. Sie geben dem künstlerisch reich ausgestalteten Bahnhof noch eine zusätzliche Note. Leider blieb dieser Bahnhof in den Folgejahren von weiteren "Künstlern" nicht verschont, die meinten, dass Grafittis auch was Schönes wäre.

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