Die Kanzler-U-Bahn
mit Zusatzkapitel "U55 Ostabschnitt"



U-Bahntunnel der U55 noch ohne Gleise
Bild: urbanrail.net

Zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006 sollte diese kurze U-Bahnstrecke dem Betrieb übergeben werden. Doch Bauprobleme machen die Fertigstellung zu diesem Termin unmöglich, so dass diese Linie erst zu einem späteren Zeitpunkt eröffnet werden sollte. Die Eröffnung sollte voraussichtlich Ende 2008 stattfinden, so der Planungsstand Anfang 2007. Am 8. August 2009 war es endlich so weit: Die U55 ist in Betrieb!

Planungsvorgeschichte:
Bereits in den 20er Jahren gab es die Überlegung, eine U-Bahn zwischen dem Stadtzentrum und Moabit zu bauen.
Diese Strecke sollte als "Linie H" vom Halleschen Tor zum Kriminalgericht verlaufen. Leider aber verhinderte die Weltwirtschaftskrise den beabsichtigten Baubeginn nach 1930. Im Jahre 1935 sollte die Strecke eröffnet werden. Während der Nazizeit lebte diese Planung in stark veränderter Form wieder auf. Nun sollte die Strecke von der Nord-Süd-Achse, also aus der Gegend Gleisdreieck kommend nach Moabit führen. 1938/39 wurde sogar schon mit dem Bau begonnen. Dieser Bau ist über das Ausheben einer Baugrube vor dem Reichstag nicht hinaus gekommen, da der Bau seit 1941 wieder ruhte. Diese Grube begann hinter dem 1945 errichteten Sowjetischen Ehrenmal und zog sich im Bogen bis zur Schweizer Gesandtschaft im Alsenviertel. 1947 wurde diese voll Wasser stehende Baugrube wieder zugeschüttet und das Projekt geriet in Vergessenheit. 

Doch bereits 1955 lebte das Projekt in Form der zu verlängernden Linie E im 200-Kilometer-Plan des West-Berliner Senats auf. Jetzt war an einen Streckenverlauf vom Alexanderplatz bis nach Haselhorst gedacht worden, womit die Linie E eine echte Durchmesserlinie geworden wäre. Nun standen aber die politischen Gegebenheiten dem Bau massiv entgegen. Das Projekt aber blieb in den Plänen enthalten, da der West-Berliner Bausenat die Teilung der Stadt nie anerkannt hat. So trug das Planungsgebilde Linie E fleißig Früchte: Die in den 60ern und 70ern gebauten Bahnhöfe Turmstraße und Jungfernheide wurden vorsorglich mit Bahnsteigen für diese nun "U5" genannte Linie versehen. Derweil konzentrierte sich die Planung auf den Bau des Streckenabschnitts zwischen den Bahnhöfen "Platz der Republik" und "Flughafen Tegel", so sollte die Linie 5 nun verlaufen. Ein Weiterbau in den Ostsektor war nun nicht mehr vorgesehen, aber nicht technisch unmöglich gemacht. Doch es blieb bei den Planungen.

Eine wirkliche Chance auf Verwirklichung hatte diese Linie erst nach der deutschen Wiedervereinigung. Erst jetzt gibt es ein wirkliches Verkehrsbedürfnis zwischen der Innenstadt und Moabit oder im größeren Rahmen zwischen Lichtenberg und Spandau. Und so wurde recht bald über den Bau dieser Linie ernsthaft nachgedacht. Dies war auch nötig, da diese Linie quer durch das Regierungsviertel führen sollte und dort somit eine gewisse Eile bestand. Schließlich sollte der Tiergarten und dessen Umgebung nur einmal für die Tiefbauprojekte aufgerissen werden.

Baubeginn
Und so entstand in den Jahren nach 1994 ein U-Bahntunnel vom Simsonweg in der Nähe des Brandenburger Tores bis nördlich der Spree zum alten Lehrter Stadtbahnhof. Bestandteil dieses Tunnelsystems ist der künftige U-Bahnhof Reichstag. Später, während des Neubaus des Lehrter Bahnhofs, wurde dieser Tunnel noch um einige Meter ergänzt um dort den gleichnamigen U-Bahnhof zu erstellen. Und damit war das Projekt eigentlich auch schon wieder abgeschlossen, denn an eine Eröffnung war zu diesem Zeitpunkt noch nicht gedacht worden.

Nun plante der Bausenat unabhängig den Weiterbau dieser Linie ab Alexanderplatz durchgehend bis zum Lehrter Bahnhof. Doch die Finanzkrise, die sich 2002 offenbarte, ließ eine Bauausführung in weite Ferne rücken, denn fünf Kilometer U-Bahnbau sind nicht billig. Letzter Stand der Planung war damals eine Fertigstellung um 2011. Nun ist die Fertigstellung dieser Gesamtstrecke weiter nach hinten gerückt. Allerdings gab es nun ein Problem mit dem Bund: Der nämlich hatte nicht unerhebliche Mittel zum Bau der vorhandenen Tunnelfragmente beigesteuert unter der Maßgabe, dass das Projekt nun auch vollendet wird. Da dies vom Bausenat erst mal abgelehnt wurde, drohte der Bund die Rückzahlung dieser Mittel an, was Berlin sich aber nicht leisten kann. Und nur aus diesem Grund gab es eine Kehrtwende: Der Bau geht weiter!

Da ein Komplettbau derzeit nicht möglich ist, entstand die Idee einer Insellösung, was bedeutet, dass die U-Bahn nun als Inselbetrieb zwischen Hauptbahnhof, wie der Lehrter Bahnhof neuerdings heißt, und Brandenburger Tor ausgebaut wird. Das Ganze ist ein sündhaft teures U-Bahnprojekt, was keinen wirklichen Nutzen haben wird: wer wird schon zwischen Lehrter Bahnhof und Brandenburger Tor hin und her fahren? Wohl nur Adlon-Gäste! Die aber nehmen wohl kaum die U-Bahn. Sinnvoll wäre eine U-Straßenbahn gewesen, die oberirdisch die Linden weiter fahren würde. In den Linden aber gab es nie eine Straßenbahn und ist auch nicht geplant. So bleibt nur eine reinrassige U-Bahn...

Um dieses Projekt nun fertig zu stellen, wurde im Juli 2004 an den Linden mit den Bauarbeiten begonnen. Hier nun soll ein U-Bahnhof entstehen, wo ein Umsteigen zur S-Bahn möglich wird. Dieser U-Bahnhof, "Brandenburger Tor" genannt, wird zunächst der östliche Endbahnhof dieser Linie sein.

Im Bereich dieses Bahnhofs ist es im Oktober 2005 zu geologischen Problemen gekommen, weshalb das Bautempo zwingend verlangsamt werden musste. Hierdurch ist eine Fertigstellung bis 2006 unmöglich geworden. Somit wurde angedacht, diese Linie anlässlich der Hauptbahnhofs-Eröffnung nur zwischen Hauptbahnhof und Reichstag zu eröffnen. Doch der Berliner Senat hat eingesehen, dass der Betrieb dieser rund 600 Meter langen Linie absolut sinnlos wäre und hat daher die Betriebsaufnahme von der Fertigstellung des Bahnhofs Brandenburger Tor abhängig gemacht. 

Im September 2005 ist mit der Verlegung eines Streckengleises begonnen worden. Mit der Betriebsaufnahme ist zunächst nur ein Pendelbetrieb auf dem östlichen Gleis vorgesehen. Da nur ein Zug eingesetzt werden soll, ist der Betrieb einer Signalanlage nicht erforderlich. Am Hauptbahnhof ist ein Kehrgleistunnel vorhanden, das über ein Ausweichgleis verfügt. Hier kann ein Ersatzzug hinterstellt werden. Zum Einsatz sollen Züge der Bauart F 79.1 kommen.

Seit Oktober 2006 befindet sich die F-84-Einheit 2770/71 auf den neuen Gleisen. Mit dieser Zugeinheit sind in den vergangenen Monaten Prüf- und Abnahmefahrten unternommen worden. Ebenso war ein Hilfsgerätezug bereits hinterstellt.

Wenn den die U55 wirklich möglicherweise Ende 2008 den Betrieb aufnehmen wird, hat Berlin eine ähnlich kuriose U-Bahnlinie wie London seit 1898: Dort gibt es die Waterloo & City Railway, eine U-Bahnlinie, die nur zwischen zwei Bahnhöfen verkehrt und die Pendler von der Waterloo-Station in die Innenstadt transportiert. Auf der U55 soll nur ein einziger Zug im Einsatz sein, der im 10-Minutentakt zwischen den beiden Endbahnhöfen hin und her pendeln wird. daher ist zunächst auch nur ein Gleis erforderlich. 

Die Betriebsaufnahme durch die BVG hängt davon ab, ob das Land Berlin die "Leistung" auch bestellen wird. Nur unter diesen Voraussetzungen wird die BVG den Betrieb aufnehmen. Und ob Berlin bestellen wird, ist angesichts der jüngsten Sparbeschlüsse mehr als fraglich...

 U-Bhf Brandenburger Tor 

Der Bau dieses Bahnhofs hat im Sommer 2004 begonnen. Zunächst sollte es ein abgespeckter kürzerer Bahnhof sein, der so lang ist, dass ein aus vier Wagen bestehender F-Zug Platz hat. Aber zwischenzeitlich beschloss man den Bau nun doch in seiner endgültigen Form auszuführen, so dass er, wie fast jeder andere Berliner U-Bahnhof, eine Bahnsteiglänge von um 110 Metern haben wird. Seine Lage befindet sich neben dem bestehenden S-Bahnhof Unter den Linden, aber tiefer als jener.

Anlässlich der FIFA WM 2006 wurde der Bau an diesem Bahnhof unterbrochen und um eine freie Begehbarkeit und Optik für die Besucher Berlins zu schaffen, wurde die bestehende Baugrube durch Stahlplatten abgedeckt und asphaltiert. Anschließend ist der Bau an diesem Bahnhof wieder aufgenommen worden und konnte nun beendet werden. Mit der Eröffnung des U-Bahnhofs wurde der unmittelbar benachbarte S-Bahnhof Unter den Linden ebenfalls in Brandenburger Tor umbenannt.

 U-Bhf Bundestag 

Dieser Bahnhof ist seit Jahren bereits im Rohbau vorhanden.


Bild: www.untergrundbahn.de

Der Bahnhof Bundestag ist baulich weitestgehend fertig gestellt. 
Der Arbeitstitel dieses Bahnhofs lautete noch bis vor kurzer Zeit "Reichstag"

 U-Bhf Hauptbahnhof 

Der Hauptbahnhof/Lehrter Bahnhof wurde am 28. Mai 2006 komplett eröffnet. Somit fahren seither alle Fernzugfahrten diesen Bahnhof an, wobei im Gegenzug einige bisherige Fernbahnhöfe ohne Halt durchfahren werden. Hierzu gehört zum Beispiel der Bahnhof Zoo, wo nur noch RE-Züge kurz halten.

Der U-Bahnhof Hauptbahnhof ist baulich weitestgehend fertig gestellt.
Ursprünglich sollte dieser U-Bahnhof "Lehrter Bahnhof" heißen. Zu Westberliner Zeiten gab es auch die Arbeitstitel "Lehrter Stadtbahnhof" (Hinweis auf S-Bahnübergang) und "Invalidenstraße" (zu Zeiten des S-Bahn-Boykotts).

Nördlich der Station Hauptbahnhof befindet sich eine zweigleisige Kehrgleisanlage, wovon ein Gleis wiederum ein kurzes Abzweiggleis besitzt. Eines der beiden Kehrgleise befindet sich unter einem verschließbaren Lichtschacht, über den die U-Bahnfahrzeuge ausgetauscht werden können. Dies ist die einzige Möglichkeit, U-Bahnfahrzeuge auf diese Strecke zu bekommen, da die U55 keine Gleisanbindungen zum bestehenden Netz besitzt.


U-Bhf. Hauptbahnhof
Bild: Urbanrail.net


U-Bhf. Hauptbahnhof
Bild: Urbanrail.net


Ost-Abschnitt

Nach derzeitiger Planung soll um 2008 - 2010 der Lückenschluss zwischen der U55 und der U5 am Alexanderplatz begonnen werden. Um 2020 soll diese Strecke eröffnet werden. Die U55 wird dann in der durch gebundenen U5 aufgehen, die dann von Hauptbahnhof bis nach Hönow durchfahren wird.

Es sind folgende Bahnhöfe vorgesehen:

 U-Bhf Unter den Linden 

Dieser U-Bahnhof existiert noch nicht. Er wird einen Mittelbahnsteig unter der Straßenkreuzung Linden/Friedrichstraße erhalten und zwar unterhalb der bestehenden U6. Für die U6 ist der Einbau von zwei Seitenbahnsteigen angedacht. Somit besteht hier eine direkte Umsteigemöglichkeit zwischen diesen beiden sich im rechten Winkel kreuzenden Linien. Eine betriebsinterne Gleisverbindung ist nicht geplant. Zur U6 bleibt nach anzumerken, dass der U-Bhf. Französische Straße in diesem Zusammenhang stillgelegt werden könnte.

 U-Bhf Spreeinsel 

Im Bereich des Lustgartens wird diese Linie den geraden Verlauf der Linden verlassen und das Gelände des Palastes der Republik unterqueren. In diesem Bereich ist der Bahnhof "Spreeinsel" vorgesehen. Möglicherweise wird dieser mit einem Mittelbahnsteig versehene Bahnhof auch einen anderen Namen erhalten. Angedacht sind beispielsweise Namen wie "Schlossplatz".

 U-Bhf Berliner Rathaus 

Im weiteren Verlauf unterquert die U5 das Marx-Engels-Forum und erreicht am Rathaus den Verlauf der Rathausstraße. Vor dem Rathaus wird es einen weiteren Bahnhof geben, der möglicherweise aus zwei übereinander liegenden Gleisebenen bestehen wird. Beide Ebenen verfügen über je zwei Seitenbahnsteige, wobei die obere Ebene der U5 vorbehalten sein soll. In der unteren Ebene soll die zukünftig geplante U3 ihren Haltepunkt erhalten. Es ist möglich, dass dieser Bahnhof auch nur schlicht den Namen "Rathaus" erhalten wird.

Unmittelbar hinter diesem Bahnhof schließt sich das seit 1930 bestehende Tunnelbauwerk der U5 an: Es hat die Ausmaße von zwei übereinander liegenden viergleisigen U-Bahntunneln, so dass hier ein Rampenbauwerk eingebaut werden kann, das es ermöglicht, dass beide neue Linien den bestehenden U-Bahnhof Alexanderplatz erreichen können. Diese bautechnische Vorbereitung wurde bereits beim Bau der Linie E in den späten 20er Jahren berücksichtigt. Hier nun geht die U55 in der bestehenden Linie U5 auf.


Hier wird die U5 aus Richtung Hauptbahnhof einmünden. 
Die wahre Größe des Tunnels wird aus unten abgebildeter Zeichnung deutlich. Der Tunnel ist auf rund 2 m aufgeschottert.
Bild: urbanrail.net


Kehrgleistunnel Alexanderplatz Linie E (U5)
Aus "Die Fahrt" 2/1931

 


Vorläufige Streckendaten lt. BVG-Bauabteilung Erklärung

Bauwerksende 3,9 +31
   
Hauptbahnhof LB oder LBH  
   
Reichstag RT 1870 m
   
Brandenburger Tor BRA od. BRT  
   
prov. Bauwerksende 2,0 +61
   
Unter den Linden UDL  
   
Spreeinsel SPR  
   
Berliner Rathaus RT (?)  
   
Alexanderplatz Al 0,0 +22

Bezeichnung: Strecke E
Gebaut: 1994 - vsl. 2007

Gesamtlänge Hauptbahnhof - Brandenburger Tor: 1,870 km
Gesamtlänge Hauptbahnhof - Alexanderplatz: 3,931 km

Links:
Wesentlich detailliertere Informationen gibt's auf www.u55.info , einer Seite der BVG.


Brandenburger Tor - Hauptbahnhof

Weitere Abschnitte dieser Linie:

U5: Friedrichsfelder U-Bahn - Tierparkstrecke - U-Bahn nach Hönow

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