Das historische Dokument:
Die neue U-Bahn nach Gesundbrunnen


Tegel-Hermsdorfer Zeitung
Hennigsdorfer Lokalanzeiger
Nummer 91
Donnerstag, den 17. April 1930

Heute Mittag wurde, nachdem vorgestern die Strecke abgenommen worden, die U-Bahnlinie Neanderstraße-Gesundbrunnen auf Einladung der BVG von den Vertretern der Berliner Presse befahren. Die weitere südöstliche Strecke bis Neukölln ist ja bereits seit längerer Zeit dem Verkehr übergeben. Mit der

Eröffnung des U-Bahnhofes Gesundbrunnen

ist eine neue wichtige Verbindung zwischen dem Norden unter der Umgehung den Ringbahnverkehrs über Treptow und dem Südringbahnhof Neukölln geschaffen. Sie kommt

auch für Tegel entlastend

in Frage, denn viele werden die Eisenbahn- und ab Gesundbrunnen die U-Bahn der schwerfälligen Straßenbahnverbindung vorziehen, wenn sie auch etwas teurer ist. Ihre volle Bedeutung wird die neue Strecke allerdings erst erlangen, wenn der geplante

Weiterbau bis Reinickendorf-Rosenthal-Wilhelmsruh

mit Anschluß an die sogen. Heidekrautbahn vollendet ist, was baldigst im Interesse der Siedler zu wünschen wäre. Damit wäre dem Osten unseres Bezirks eine große Verkehrsverbesserung gegeben. Beinahe dringender erscheint aber zurzeit noch immer der

Bau der Einschnittbahn nach Tegel,

der, da Tagebau bei der Arbeit und ohne starke Decke sich bedeutend billiger stellt als die meisten der bisher ausgeführten U-Bahnbauten.

Die Strecke Gesundbrunnen-Neukölln 

hat folgende Linienführung:
Badstraße, Brunnenstraße, Rosenthaler Straße, Weinmeisterstraße, Münzstraße, Dircksenstraße, Alexanderstraße, An der Jannowitzbrücke, Brückenstraße, Neanderstraße, Moritzplatz, Prinzenstraße, Ritterstraße, Reichenberger Straße, Kottbusser Straße, Kottbusser Damm, Hermannplatz und Hermannstraße.

Mit der Eröffnung der Nordstrecke der GN-Bahn wird das im Betrieb befindliche Schnellbahnnetz der Berliner Verkehrsgesellschaft eine Länge von rund 70 Kilometern aufweisen. Die GN-Bahn zwischen Nordring und Südring zählt jetzt einschl. der Endbahnhöfe 15 Bahnhöfe. Die Durchschnittsentfernung der einzelnen Bahnhöfe beträgt 738 Meter, die gesamte Baulänge 11.060 Meter. Das Signalsystem der GN-Bahn ist so ausgebildet, daß

stündlich 40 Züge in jeder Richtung verkehren können.

Der Übergangsverkehr zwischen der U-Bahn und der Reichsbahn auf dem Bahnhof Gesundbrunnen

wird durch einen Verbindungsgang, rechtwinklig zum U-Bahnsteig, 3,15 Meter über dem selben gelegen, vermittelt, von dem aus Treppen zum Ringbahnsteig, hinaufführen während rechtwinklig zu diesem Gang wiederum ein Quergang angeordnet ist zu den Treppen, die zu dem Bahnsteig der Fern- und Vorortbahn hinaufführen. Auf dem Bahnhof Jannowitzbrücke wurde außer dem Zugang zur Stadtbahn ein

direkter Zugang zu der Personendampfer-Anlegestelle
geschaffen

Der Betrieb wird zunächst von Zügen mit 2, in den Hauptverkehrsstunden mit drei Wagen vorgesehen. Ein Dreiwagenzug hat eine Fassungskraft  von 135 Sitzplätzen und 390 Stehplätzen, zusammen 525  Plätzen und eine Länge von rund 55 Metern. Die Bahnsteige haben jedoch eine Länge von 120 bis 130 Metern erhalten, so daß sie für Züge von sechs Langwagen, gleich 110 Meter Länge ausreichen.

Der Betrieb soll wie bei dem übrigen Schnellbahnnetz etwa um 5.10 Uhr beginnen und bis 1.30 Uhr nachts dauern.

Die Züge folgen sich in jeder Fahrtrichtung alle 5 Minuten,

In den Stunden von 6.30 bis 9 Uhr und von 16.15 bis 18 Uhr beträgt die Zugfolge 2 1/2 Minuten.

Der für die Bahn vorgesehene Wagenpark  wird vorerst aus rund 75 Langwagen bestehen. Um den Fahrgästen auf den Umsteigebahnhöfen die Überwindung der großen Höhenunterschiede zu erleichtern und den in den Flutstunden sehr starken Verkehr zu beschleunigen, sind verschiedentlich

Fahrtreppen eingebaut worden.

Mit Rücksicht auf den neuen U-Bahnbau sollen die Straßenbahnlinien 36 und 132 und die Autobuslinien 13 und 13E eingezogen werden. Um Schönholz auch weiterhin an das Verkehrsnetz anzuschließen, wird die Autobuslinie 25, Breitenbachplatz - Christianiastraße, über die Drontheimer- und Provinzstraße bis Bahnhof Schönholz verlängert.

Die Veränderungen werden erst vom 23. April ab durchgeführt, um den Fahrgästen Gelegenheit zu geben, sich vorher mit den Neuordnungen vertraut zu machen.

Die Eröffnung der Strecke findet morgen, Karfreitag, mit dem ersten Zug um 5.10 Uhr statt.

Der Bahnhof Gesundbrunnen macht mit seinen hellfarbigen Kachelwänden einen sehr freundlichen Eindruck. Die beiden Zugänge sind allerdings nicht zur rechten Zeit fertig geworden. Es wurde vielmehr an der Nordseite neben der Eingangshalle ein provisorischer Eingang geschaffen. Uns Tegeler dürfte es besonders interessieren, daß die Drehgestelle der Wagen dieser neuen Strecke zum größten Teil von Borsig angefertigt worden sind.


U-Bhf. Gesundbrunnen heute



Apr07