"Wegweiser" im U-Bahnhof Moritzplatz
Aus: DIE FAHRT Nr. 13/1932
Vor einiger Zeit ist in der Vorhalle des U-Bahnhofs Moritzplatz ein Ortsplan angebracht worden, der wegen der Gründe, die zu seiner Anbringung führten, sowie wegen der Form seiner Ausführung einige Beachtung verdient.
Im allgemeinen genügen auf den U-Bahnhöfen zur "Zurechtweisung" der Fahrgäste einfache Hinweise auf die nächstgelegenen Straßen, Plätze usw. welche durch den einen oder anderen Ausgang zu erreichen sind. Die übliche Anbringung solcher Hinweise, als Aufschriften auf den Schildern über den Bänken, auf besonderen Tafeln oder an den Kachelwänden, ist bekannt. Auf dem U-Bahnhof Moritzplatz war es infolge der Gestaltung der Vorhalle und der Lage der von dieser Vorhalle zum Platz führenden Ausgänge nicht möglich durch eine solche einfache Beschriftung klare und eindeutige Auskunft demjenigen zu geben, der sich von selbst zurecht finden will.
Die Vorhalle des U-Bahnhofs Moritzplatz, die als Zwischengeschoss über dem Bahnsteig liegt, soll zwei Aufgaben erfüllen: einerseits den Verkehr der Fahrgäste aus allen Richtungen zu erfassen und nach allen Richtungen zu verteilen, andererseits sollen die Fußgänger den Moritzplatz unterirdisch unterqueren können, ohne im Besitz eines Fahrtausweises sein zu müssen. Die Sperrenanlagen in der Vorhalle sind nach diesen beiden Gesichtspunkten angelegt. Der Fußgänger kann also auf diese Weise ungefährdet vom Straßenverkehr von einer Platzseite zur anderen gelangen. Die Vorhalle erhielt daher vier Aus- bzw. Eingänge, von denen jeder mit je zwei Treppen auf einen der vier den Moritzplatz begrenzenden Bürgersteige führt. (siehe Abbildung)
Die Platzanlage mit den acht U-Bahnausgängen
Da der Moritzplatz der Schnittpunkt der Oranien- mit der Prinzenstraße ist, führt jeder Ausgang zu beiden Straßen. Hinweise in der üblichen Form: "Zur Oranien- und Prinzenstrasse" an jedem Ausgang hätten selbst beim Ortskundigen Verwirrung geschaffen und wurden daher von Anfang an weggelassen. Lange Zeit blieb die Vorhalle ohne jeglichen Hinweis, was natürlich zu zahlreichen Beschwerden Veranlassung gab. Soweit es möglich war, wurde vom Personal des Bahnhofs Auskunft gegeben. Hierbei zeigte sich, das weniger nach der Prinzen- bzw. Oranienstraße gefragt wurde, als nach den umliegenden Geschäften, Kaufhäusern, Gaststätten usw. Eine "stumme Auskunft" musste also in erster Linie dieser Forderung gerecht werden. Die Verwirklichung dieses Gedankens war also nur in Form eines Ortsplanes möglich, der den Moritzplatz mit seiner allernächsten Umgebung zeigte.
Nach einigen Versuchen wurde ein solcher Ortsplan, waagerecht auf einem Sockel sitzend und von unten beleuchtet, aufgestellt.
Blick auf den farbigen Wegweiser;
der undeutlichen Lesbarkeit wegen:
rechts oben: Commerz & Privatbank,
rechts unten: Wertheim,
links unten: TAM Lichtspieltheater Bugenhagen sowie Aschinger,
links oben: Norden sowie abzweigende Stallschreiberstraße
Blickrichtung: Jannowitzbrücke
In diesem Ortsplan ist die Vorhalle des U-Bahnhofes mit den vier Ausgängen hell und auffallend dargestellt. Die Ausgänge erhielten die Bezeichnung 1 bis 4. Der Auskunftssuchende kann sich jetzt, wenn er vor dem ebenfalls im Plan angegebenen Tisch steht, rasch ein Bild machen, welchen Ausgang er benutzen muss, um zu einer der Straßenbahn- oder Omnibushaltestellen, zu Wertheim oder zu Aschinger zu gelangen.
Die Vorhalle des U-Bahnhofes Moritzplatz mit dem "Wegweiser" in der Mitte
Der in der vorstehend geschilderten Form ausgebildete farbige Ortsplan hat sich auf Moritzplatz gut bewährt, so dass ähnliche Pläne auf anderen Bahnhöfen, vor allem auf solchen mit zahlreichen Fremdenverkehr, zur Erleichterung als örtliche "Wegweiser" vorgesehen sind.
Aus: DIE FAHRT Nr. 13/1932
Zeitschrift der Berliner Verkehrs-Aktiengesellschaft
Nachbemerkung
Soweit die Ausführungen in der BVG-Zeitschrift aus dem Jahre .
Es ist nicht bekannt, ob jemals gleichartige oder ähnliche Wegweiser auf anderen U-Bahnhöfen aufgestellt wurden. Es ist auch nicht bekannt, wie lange dieser Wegweiser am Moritzplatz existiert hat. Da die Bahnhofsanlage den Krieg nahezu unbeschadet überstanden hat, könnte es sein, dass dieser Wegweiser in der frühen Nachkriegszeit noch an seinem Platz stand. Es ist allerdings zu vermuten, dass er in jener Zeit verschwand, da er bedingt durch die Zerstörung der angrenzenden Geschäftshäuser jede Aktualität verloren hat. und jedenfalls konnte man im Asphaltboden der Vorhalle die Umrisse des Standortes noch erkennen, da an dieser Stelle der Asphalt nachträglich ergänzt wurde.