Berlins U-Bahnlinien
Rathaus Steglitz - Osloer Straße


Die Linie U9 verbindet den Wedding mit Steglitz, durchquert hierbei Moabit, das Hansa-Viertel, Wilmersdorf und Friedenau. All diese Stadtteile werden schnell und wirkungsvoll mit dem Westlichen Zentrum am Zoo verbunden. Die U9 ist Berlins einzige und zugleich jüngste U-Bahnlinie, die erst nach dem 2. Weltkrieg entstanden ist, als es notwendig war, eine vom Osten der Stadt unabhängige dritte Nord-Süd-Verbindung zu schaffen. Die U9 ist eine Großprofil-Linie.

Zu den einzelnen Bahnhöfen der U9


U-Bhf. Hansaplatz

Im Jahre 1955 wurde der so genannte 200-Kilometer-Plan verabschiedet. Dieser Plan legte den Ausbau des Berliner U-Bahnnetzes bis zu einem Ausbau von rund 200 Kilometern fest. Zu jenem Zeitpunkt umfasste das Netz eine Streckenlänge von rund 80 Kilometern. Neben vielen Verlängerungen bereits bestehender Linien, waren in diesem Plan auch zwei neue Linien vorgesehen, wobei eine der Linien, die Linie H, aus der die heutige U7 hervor ging, einen bereits bestehenden Streckenabschnitt nutzen sollte. Völlig neu dagegen war die Linie G (heute U9), die bislang nicht existierte. Überhaupt: während fast alle Streckenplanungen in dieser oder ähnlicher Form schon vor dem Krieg vorhanden waren, war die Planung der Linie G ganz neu: In der Streckenrelation Wedding - Wilmersdorf war noch nie vorher eine U-Bahn geplant.

Nun ist es aber so, dass sich seit Kriegsende um den Zoo ein neues Zentrum der westlichen Halbstadt gebildet hatte. Von dort aus gab es aber nur U-Bahnverbindungen nach Westen, nach Osten und Südwesten, nicht aber nach Süden und vor allem Norden. Hier waren die Berliner auf Straßenbahnen angewiesen, die eine hohe Auslastung hatten. Gefördert wurde der Wunsch nach einer schnellen U-Bahnverbindung zusätzlich noch durch den Bau einer U-Bahnverbindung von Wedding nach Tegel, womit die nördlichen West-Berliner Stadtteile an das Streckennetz angebunden werden sollten. Die Linie G war also die logische Folge zur wirksamen Nord-Süd-Erschließung West-Berlins unter Umgehung des Ostsektors. Betrieblich wurde die Linie G seitens der BVG als wichtig angesehen, da es für die BVG-West hiermit einen Weg gab, das westliche U-Bahnnetz als ganzes zu betreiben, ohne vom Osten abhängig zu sein: der neue Nordabschnitt der Linie C nach Tegel (heute U6) war vom übrigen Netz nur durch den Ostsektor erreichbar. Der Bau der Linie G spiegelt also auch etwas den Geist des Kalten Krieges zwischen West und Ost wider.

Am 23. Juni 1955 wurde im Tiergarten mit den Ausschachtungsarbeiten an diesem U-Bahnprojekt begonnen. Eine Fertigstellung visierte man für die zweite Jahreshälfte 1961 an, wobei der Rohbau im Bereich des Tiergartens bis Sommer 1957 abgeschlossen sein sollte. Der Zeitplan wurde eingehalten, so dass im Juli 1957 im wieder aufgebauten Hansa-Viertel die Interbau stattfinden konnte. Der U-Bahnhof Hansaplatz wurde als Beitrag zur Interbau angesehen und konnte fristgerecht mit komplettem Innenausbau den Besuchern als "moderner U-Bahnhof" präsentiert werden, der zukünftig diesen modernen Stadtteil erschließen sollte. Während der Ausstellung war der Tunnel von der Zoogegend bis zur Spree-Unterfahrung zur Besichtigung frei gegeben, aus diesem Grunde gab es eigens eine behelfsmäßige Treppenanlage am Zoo, da der Bahnhof Zoo zu diesem Zeitpunkt noch nicht existierte.

Nach dem Ende der Ausstellung begann der U-Bahnbau auch in den anschließenden Losen bis hinunter zur Bundesallee und im Wedding bis zum Leopoldplatz. Zwei U-Bahnhöfe kreuzender Linien, Zoolog. Gtn. und Leopoldplatz mussten massiv umgebaut werden, zwei weitere Bahnhöfe weiterer Linien wurden neu geschaffen: Spichernstraße und Kurfürstendamm.

Am 2. September 1961 endlich sollte diese komplette Linie zwischen Spichernstraße und Leopoldplatz mit einem Volksfest eingeweiht werden. Doch wurde wenige Tage vorher die Sektorengrenze geschlossen und wenig später mit dem Bau der Mauer begonnen. Dadurch und durch den beginnenden Boykott der ostzonalen S-Bahn gab es eine massive und nachhaltige Verschiebung der bestehenden Verkehrsströme, wodurch die BVG in größte Schwierigkeiten geriet: Es mussten einige Buslinien neu eingerichtet und andere auf die neuen Bedürfnisse ausgerichtet werden. Dies bewog die BVG dazu, den U-Bahnbetrieb so schnell wie möglich auf der Linie G aufzunehmen: Am 28. August 1961 rollten die ersten Züge mit Fahrgästen auf der neuen Strecke.


U-Bhf. Leopoldplatz


U-Bhf. Birkenstraße


U-Bhf. Turmstraße


U-Bhf. Hansaplatz


U-Bhf. Kurfürstendamm

1962 bereits wurde mit dem Bau der südlichen Verlängerung dieser Linie begonnen: Bis 1971 erfolgte der Ausbau der seit 1966 "Linie 9" genannten Strecke bis zum Walther-Schreiber-Platz in Steglitz. Zeitgleich entstand die kreuzende Verlängerung der Linie 7 zwischen Kreuzberg und Wilmersdorf, die am gleichen Tag eröffnet wurde. Zwischen beiden Linien entstand ein Schnittpunkt mit dem Bahnhof Berliner Straße. Der Bahnhof Bundesplatz, an der Ringbahn gelegen, nahm auf die S-Bahn keine Rücksicht. Der direkte Übergang wurde erst viel später geschaffen.


U-Bhf. Güntzelstraße


U-Bhf. Friedrich-Wilhelm-Platz


U-Bhf. Walther-Schreiber-Platz

1969 wurde in der Schloßstraße mit dem U-Bahnbau begonnen. Hier gab es das Problem, dass zwischen Walther-Schreiber-Platz und dem Rathaus Steglitz neben der Linie 9 auch die Linie 10 durch die Schloßstraße geführt werden sollte. Um sich später teure Umbauten zu ersparen, wurde der Streckentunnel gleich viergleisig in zwei Ebenen erbaut. Hierbei sind die Gleise so angelegt, dass sie am Bahnhof Schloßstraße richtungsbezogen in einer Ebene liegen: oben liegen die Gleise Richtung Norden, unten Richtung Süden. Im September 1974 wurde dieser teure Streckenabschnitt bis Rathaus Steglitz eröffnet. Die Linie 10 dagegen blieb eine Phantomlinie, die bis heute nie gebaut wurde. Ihre Planung gilt heute als überholt und wurde bereits 1984 aus den Unterlagen gestrichen, als die parallel verlaufende ostzonale S-Bahn in das Verkehrsnetz der BVG übernommen wurde.


U-Bhf. Schloßstraße


U-Bhf. Rathaus Steglitz

Ebenfalls 1969 begann nicht nur der Bau der Linie 9 nach Süden, sondern auch der Bau nach Norden. Die Strecke wurde ab Leopoldplatz bis zum neuen Endbahnhof Osloer Straße bis 1976 ausgebaut, wobei gleich auf den Bau der Linie 8 an der Osloer Straße Rücksicht genommen wurde: Die Linie 8 wurde von Gesundbrunnen hier her verlängert. Die U9 wurde im April 1976 bis Osloer Straße verlängert.


U-Bhf. Nauener Platz


U-Bhf. Osloer Straße mit einem auf dieser Linie viele Jahre typischen F-Zug

Automatischer Zugbetrieb auf der U9
In den 20er Jahren wurden erste Versuche mit einem automatisierten U-Bahnbetrieb verfolgt. Schnell aber zeigte sich, dass die Zeit dafür noch nicht reif war. Erst in den 60er Jahren mit den Fortschritten in der technischen Entwicklung schien die Zeit dafür gekommen. Die BVG war damals stets Vorreiter bei solchen Unternehmungen. Erste Überlegungen für eine so genannte Linienzugbeeinflussung wurden im Sommer 1963 formuliert. Es sollte möglich sein, dass der Zug rechnergestützt automatisch die Fahr- und Bremsvorgänge vornehmen kann. Auf den Fahrer aber sollte nicht verzichtet werden, er sollte nur noch überwachende Funktionen wahrnehmen. Zum Aufbau eines solchen Systems wurde ein Abschnitt der Linie 9 ausgewählt, da eine Strecke eigens für diese Versuche nicht zur Verfügung stand. Zu diesem Zweck wurde der Abschnitt Spichernstraße - Zoologischer Garten zusammen mit der Firma Siemens entsprechend ausgerüstet und ein Zug der Bauart D-63 hergerichtet. Im November 1965 konnten die Versuchsfahrten in den nächtlichen Betriebspausen aufgenommen werden. In der Folgezeit wurde das System ständig verbessert, so dass es um 1968 serienreif war. Es vergingen einige Jahre, in der das System LZB-500 ständig weiterentwickelt wurde, in anderen Städten wurde es sogar ganz regulär zum Einsatz gebracht. Die Linie 9 wurde Ende der 70er Jahre komplett dafür umgerüstet, ebenso wie die damals beschafften Züge der Bauarten F-74 bis F-79 mit den nötigen Einbauten versehen wurden. Im Dezember 1977 wurde der automatische Zugbetrieb auf der U9 im Alltag aufgenommen.

Da eine Weiterentwicklung dieser Technik nicht erfolgte, war sie schon bald überholt. 1999 schließlich wurden die automatischen Fahrten eingestellt. Seither ist die U9 fahrbetrieblich eine ganz normale U-Bahnlinie.


Osloer Straße - Rathaus Steglitz

Genauere Darstellungen zu dieser Linie:

U9: Nauener-Platz-Strecke - Alte Linie G - Friedenauer U-Bahn - Steglitzer U-Bahn

 


Kurzchronik U9:

23. Juni 1955
Baubeginn der Linie G im Tiergarten

8. Juli 1957
Eröffnung der Interbau im Hansa-Viertel
Fertigstellung des U-Bhf. Hansaplatz als Ausstellungsobjekt

Oktober 1957
Ausstellungsende: Der Bahnhof Hansaplatz wird geschlossen.

1958
Baubeginn der Linie G am Zoo und Kurfürstendamm

28. August 1961
Inbetriebnahme der Linie G von Leopoldplatz über Hansaplatz bis Spichernstraße

2. September 1961
Einweihung der Linie G als erste neue U-Bahnlinie Berlins nach dem Krieg

Frühjahr 1965
Beginn des automatischen Zugbetriebs auf der Linie G zwischen Zoo und Spichernstraße mit einem Probezug ohne Fahrgäste (bis 1967)

30. Juni 1965
Schweres Zugunglück zwischen Zoolog.Gtn. und Hansaplatz

1. März 1966
Linie G wird umbenannt in Linie 9

29. Januar 1971
Spichernstraße - Walther-Schreiber-Platz

30. September 1974
Walther-Schreiber-Platz - Rathaus Steglitz

30. April 1976
Leopoldplatz - Osloer Straße

Dezember 1977
Automatischer Zugbetrieb auf der Linie 9

1. Mai 1984
Linie 9 wird umbenannt in Linie U9

1999
Automatischer Zugbetrieb wird abgeschafft: Die Technik ist überholt.


Ausbaupläne der U9

Für die U9 gibt es nur eine Verlängerungsplanung ab Rathaus Steglitz bis nach Lankwitz Kirche. Da aber Lankwitz mittlerweile wieder mit S-Bahnen erschlossen ist, sind die einst hochdringlichen U-Bahnpläne wieder in den Schubladen verschwunden. Derzeit denkt niemand an die Süd-Verlängerung der U9. Die Pläne zum Bau der U9 bis zur Hildburghauser Straße mit dem Bau einer weiteren Betriebswerkstatt in der Nähe der Waldsassener Straße sind schon vor Jahren verworfen worden.

Pläne, die U9 ab Osloer Straße nach Pankow zu verlängern, wurden völlig aufgegeben. 


Streckendaten der U9
Erklärung

Neu: mit Links zu allen Bahnhöfen

Osloer Straße Olo 105,2 +59
  747 m
Nauener Platz Np 104,5 +12
  806 m
Leopoldplatz Lpu 103,7 +06
  761 m
Amrumer Straße Am 102,9 +45
  820 m
Westhafen WF 102,1 +25
  530 m
Birkenstraße Bi 101,5 +95
  675 m
Turmstraße Tm 100,9 +20
  920 m
Hansaplatz Ha 100,0 +00
  1442 m
Zoologischer Garten Zu 98,5 +58
  441 m
Kurfürstendamm Kfu 98,1 +17
  631 m
Spichernstraße Snu 97,4 +86
  596 m
Güntzelstraße Gt 96,8 +90
  523 m
Berliner Straße Beo 96,3 +67
  1082 m
Bundesplatz Bd 95,2 +85
  640 m
Friedrich-Wilhelm-Platz Fw 96,4 +65
  677 m
Walther-Schreiber-Platz Wsg 93,9 +68
  670 m
Schloßstraße Slo/Slu 93,2 +98
  562 m
Rathaus Steglitz Rzu 92,7 +36