Berlins U-Bahnlinien
Wittenau - Hermannstraße


Die Linie U8 verbindet Wittenau mit Neukölln in Nord-Süd-Richtung, durchquert hierbei Reinickendorf, den Wedding sowie das Östliche Zentrum am Alexanderplatz und Kreuzberg. Aufgrund ihrer Streckenführung mit zahlreichen S-Bahnanbindungen ist die U8 eine der wichtigsten U-Bahnlinien Berlins. Die U8 ist eine Großprofil-Linie.


U-Bhf. Rosenthaler Platz

Die U8, früher hieß sie Linie D, hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Die Anfänge reichen konkret bis um 1910 zurück, als zwei Unternehmen um die Streckenkonzession buhlten: einerseits war es die Allgemeine Elektrizitäts- Gesellschaft (AEG) mit einer Hochbahn-Planung und zum Anderen die Gesellschaft für elektrische Unternehmungen in Nürnberg, die eine Schwebebahn nach Wuppertaler Vorbild plante. Beide Projekte waren zum Scheitern verurteilt, da sie das Stadtbild empfindlich gestört hätten. Um sich ein Bild von dieser Schwebebahn zu machen, wurden in der engen Brunnenstraße drei Stützpfeiler für eine Schwebebahn gebaut. Erhebliche Probleme hätte die Überquerung der Stadtbahn an der Jannowitzbrücke bereitet, da die Bahn in sehr große Höhen hätte ansteigen müssen.

Letztlich entschied man sich für das AEG-Projekt unter der Voraussetzung, dass die "AEG-Schnellbahn" in der Innenstadt als Untergrundbahn geführt wird. Die AEG plante das Projekt in der Form um, dass die Strecke nur in Gesundbrunnen als Hochbahn geführt werden sollte. Offen war zu dieser Zeit noch die Streckenführung in Neukölln: Anfänglich sollte die Bahn am Hermannplatz ihren Endpunkt finden. Spätere Planungen sahen eine Weiterführung bis zum Südringbahnhof Neukölln vor, auch eine Streckenführung zum Ringbahnhof Hermannstraße war überlegt worden.

Im Dezember 1913 begann die AEG in der Brunnenstraße mit den Ausschachtungsarbeiten. Im Februar 1914 wurde eigens die "AEG Schnellbahn-AG" gegründet und die Stadt Berlin beteiligte sich mit 5,9 Millionen RM an den Baukosten. Der Bau ging schnell voran, bis im August 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach.

Wie auch auf der U6 verlangsamte sich das Bautempo zunehmend. Um 1917 war fast der Stillstand eingetreten. Im Rohbau fertig war damals die Strecke in der Brunnenstraße mit den Bahnhöfen Bernauer- und Voltastraße, außerdem gab es Tunnelfragmente am Alexanderplatz, sowie in der heutigen Littenstraße mit einem Bahnhof namens "Voltairestraße" und einen Tunnelabschnitt in der Dresdener Straße mit einem Bahnhofsfragment "Oranienplatz". Nur an der Spree-Unterfahrung wurde noch gearbeitet.

Im Jahre 1919 begann die damals noch eigenständige Stadt Neukölln mit dem Bau eines Tunnels, der den späteren Bahnhof Boddinstraße umfasste. Doch die AEG-Schnellbahn AG konnte den Bau nicht fertig stellen. Es kam zum Prozess zwischen der AEG Schnellbahn-AG und der Stadt Berlin, die auf Vertragserfüllung sprich Fertigstellung pochte. Diesen Prozess gewann die Stadt, woraufhin die AEG-Schnellbahn AG liquidiert wurde. Die Bauruinen gingen darauf hin in den Besitz der Stadt Berlin über. Es dauerte noch einige Jahre, bis die Stadt das Projekt weiter verfolgte. 

1926 war es soweit: Die städtische Nord-Süd-Bahn-AG übernahm die Bauausführung, nachdem an einigen Stellen die Strecke umgeplant wurde. Am Alexanderplatz zum Beispiel wurde die "GN-Bahn", wie sie nun genannt wurde, näher an die bestehende Hochbahn-eigene Linie (U2) herangeführt, weshalb eine völlig neue Spreeunterfahrung nötig wurde. Die Strecke in der Dresdener Straße wurde ebenfalls nicht weitergebaut, da man nun den Moritzplatz mit erschließen wollte. Und der Ringbahnhof Gesundbrunnen sollte nun nicht mehr als Hochbahn überquert sondern in großer Tiefe unterquert werden. Auch am Hermannplatz war man sich nun einig geworden, wie die GN-Bahn die Nord-Süd-Bahn berühren sollte: Hier entstand nun ein Turmbahnhof, wobei die GN-Bahn die heutige U7 überqueren sollte. Dort nutzte man den U-Bahnbau zur grundlegenden Umgestaltung des Platzes und plante zusammen mit dem Karstadt-Konzern ein großes Warenhaus, welches im Juni 1929 eröffnet wurde. Karstadt am Hermannplatz war wegen seiner Größe ein Markstein in der Geschichte des Warenhaus-Unternehmens


U-Bhf. Boddinstraße


U-Bhf. Schönleinstraße

Im Juli 1927 wurde der erste kurze Abschnitt der GN-Bahn eröffnet: Die Strecke reichte von Boddinstraße bis Schönleinstraße und bot am Hermannplatz eine Umsteigemöglichkeit zur Nord-Süd-Bahn. Im Februar 1928 wurde die Strecke um einen Bahnhof bis zum Kottbusser Tor weiter geführt.


U-Bhf. Kottbusser Tor

Noch im selben Frühjahr, im April, wurde ein weiterer Abschnitt fertig, so dass die Bahn an der Neanderstraße die Innenstadt erreichte. Der Bahnhof Neanderstraße heißt heute Heinrich-Heine-Straße.


U-Bhf. Moritzplatz


U-Bhf. Heinrich-Heine-Straße

Im August 1929 wurde die GN-Bahn, nun hieß sie schon "Linie D", bis Leinestraße nach Süden erweitert.


U-Bhf. Leinestraße

Baulich fertig wurde die Linie D im April 1930, als die Innenstadt-Querung bis Gesundbrunnen eröffnet wurde. Allein drei Bahnhöfe dieser Linie boten einen bequemen Übergang zur S-Bahn und wurden entsprechend mit Verbindungstreppen ausgebaut. Der Einbau von Rolltreppen war auf einigen größeren Bahnhöfen dieser Linie nun schon selbstverständlich. Damals freilich waren Rolltreppen noch aus Holz.


U-Bhf. Alexanderplatz, D-Linien-Bahnsteig


U-Bhf. Weinmeisterstraße


U-Bhf. Rosenthaler Platz


U-Bhf. Gesundbrunnen

Zwar wurde noch 1929 mit dem Weiterbau nach Süden ab Leinestraße begonnen, um die Linie D an die Ringbahn heranzuführen, aber der Stadt ging das Geld aus, weshalb der Bau 1931 am Bahnhof Hermannstraße eingestellt werden musste: Der ganze Tunnel und ein Drittel des neuen Bahnhofs waren im Rohbau fertig.

Weiter ging der Bau erst 1973 nördlich des Bahnhofs Gesundbrunnen, als man sich zum Ziel setzte, das Märkische Viertel in Reinickendorf zu erschließen. Im Oktober 1977 wurde der erste Abschnitt bis zur Osloer Straße eröffnet.


U-Bhf. Osloer Straße

Im April 1987 wurde ein weiterer Abschnitt fertig: die Strecke bis zum Paracelsus-Bad.


U-Bhf. Franz-Neumann-Platz


U-Bhf. Paracelsus-Bad

Und schließlich konnte im September 1994 der bislang letzte Abschnitt eröffnet werden: die Strecke vom Paracelsus-Bad bis nach Wittenau. Der Weiterbau in das fast erreichte Märkische Viertel aber ist bislang unterblieben und in nächster Zeit auch nicht vorgesehen, obwohl bis zum Ziel nicht mal mehr zwei Kilometer fehlen.


U-Bhf. Lindauer Allee


U-Bhf. Rathaus Reinickendorf


U-Bhf. Wittenau

Dafür ging es in den letzten Jahren nach Süden weiter: die 1929 begonnene Strecke zum Bahnhof Hermannstraße konnte im Juli 1996 eröffnet werden, womit die Linie U8 ihren heutigen Ausbauzustand erreicht hat.


U-Bhf. Hermannstraße

Die U8 war immer eine Linie der Extreme: In den späten 20er Jahren fuhren auf dieser Linie umgebaute Kleinprofil-Züge, dann waren es 18 Meter lange Probezüge, die 1930 für längere Zeit abgestellt wurden und nach dem Krieg in die Sowjetunion gingen. In den frühen 40er Jahren fuhren hier die neuesten Züge mit selbst schließenden Türen. Nach dem Krieg legte die BVG-West Wert darauf, dass hier stets nur die ältesten Züge fuhren: Noch bis 1975 fuhren dort Züge von 1929. Und danach waren es wieder die ältesten Züge, diesmal aus den 50er Jahren stammende Stahldoras. Erst 1994 wurde die Linie typenrein mit den neuesten F-Zügen ausgestattet und heute sind es überwiegend die neuen H-Züge.

Die Linie lag zu einem Teil in Ost-Berlin. Vor dem Bau der Mauer wurden die Züge gern als Fluchthelfer genutzt, nach dem Bau der Mauer war es eine Geisterbahn, denn alle Bahnhöfe im Osten wurden bis Ende 1989 ohne Halt durchfahren. Schon wenige Wochen nach dem Fall der Mauer wurden einige Bahnhöfe formell als "Grenzübergänge" wieder geöffnet, doch ab 1. Juli 1990 standen alle im Osten gelegene Bahnhöfe den Nutzern wieder offen. 


Die Linie D als Transitstrecke durch Ost-Berlin

Der Existenz der DDR ist es zu danken, dass die meisten Bahnhöfe der alten GN-Bahn noch heute in ihrem Zustand der späten 20er Jahre erhalten sind. Sie waren fast 30 Jahre außer Betrieb. Heute stehen sie größtenteils unter Denkmalschutz und dürfen nur behutsam restauriert werden. Während eine Restauration an der Jannowitzbrücke dringend nötig wäre, ist sie am Alexanderplatz, der Bernauer Straße und in Gesundbrunnen bereits erfolgt. In diesen Fällen kann die Restauration durchaus als gelungen angesehen werden, ganz im Gegensatz zu jenem pseudo-historischen Bahnhof Hermannplatz, jenem Bahnhof, der 1993 von der BVG schlicht zerstört wurde...


Hermannstraße - Wittenau

Ausführlichere Darstellungen zu dieser Linie:

U8: Hermannstraßen-U-Bahn - GN-Bahn (Südabschnitt) - GN-Bahn (Nordabschnitt) - Pankstraßen-Strecke - Residenzstraßen-U-Bahn - Wittenauer U-Bahn

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Kurzchronik U8:

17. Juli 1927
Boddinstraße - Schönleinstraße
12. Februar 1928
Schönleinstraße - Kottbusser Tor
6. April 1928
Kottbusser Tor - Heinrich-Heine-Straße (damals Neanderstraße)
4. August 1929
Boddinstraße - Leinestraße
18. April 1930
Heinrich-Heine-Straße - Gesundbrunnen
13. August 1961
Schließung aller Bahnhöfe im Ostsektor:
Heinrich-Heine-Straße, Jannowitzbrücke, Alexanderplatz, Weinmeisterstraße, Rosenthaler Platz, Bernauer Straße
1. März 1966
Umbenennung der Linie D in Linie 8
5. Oktober 1977
Gesundbrunnen - Osloer Straße
1. Mai 1984
Umbenennung der Linie 8 in U8
28. April 1987
Osloer Straße - Paracelsus-Bad
11. November 1989
Wiedereröffnung Bahnhof Jannowitzbrücke
18. Dezember 1989
Wiedereröffnung Bahnhof Rosenthaler Platz
18. April 1990
Wiedereröffnung Bahnhof Bernauer Straße
1. Juli 1990
Wiedereröffnung der restlichen noch geschlossenen Bahnhöfe:
Heinrich-Heine-Straße, Alexanderplatz und Weinmeisterstraße
29. September 1994
Paracelsus-Bad - Wittenau
16. Juli 1996
Leinestraße - Hermannstraße


Ausbaupläne der U8

Die U8 soll nur im Norden möglicherweise um zwei Stationen verlängert werden. Hiermit würde die U8 das mit 50.000 Berlinern bewohnte Märkische Viertel erreichen. Ein Bau dieser Strecke ist in nächster Zeit nicht vorgesehen. Alternativ ist auch angedacht, die Metrotram-Linie M1 von Rosenthal-Nord bis nach Wittenau zu verlängern, womit das Märkische Viertel mit erschlossen wäre.

Nach Süden ab Hermannstraße wurden die früheren U-Bahnplanungen verworfen. Dort hat die U8 ihr Endausbaustadium erreicht.


Streckendaten der U8
Erklärung

 

Wittenau WIU 16,5 +97
  1101 m
Rathaus Reinickendorf RR 15,4 +96
  1207 m
Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik KB 14,2 +89
  603 m
Lindauer Allee LD 13,6 +86
  678 m
Paracelsus-Bad PB 13,0 +08
  920 m
Residenzstraße RE 12,0 +88
  746 m
Franz-Neumann-Platz FN 11,3 +42
  1060 m
Osloer Straße Olu 10,2 +82
  795 m
Pankstraße Pk 9,4 +87
  614 m
Gesundbrunnen Gb 8,8 +73
  822 m
Voltastraße Vo 8,0 +51
  594 m
Bernauer Straße B 7,4 +57
  821 m
Rosenthaler Platz Ro 6,6 +36
  635 m
Weinmeisterstraße W 6,0 +01
  759 m
Alexanderplatz Ap 5,2 +42
  732 m
Jannowitzbrücke Jb 4,5 +10
  635 m
Heinrich-Heine-Straße He 3,8 +75
  799 m
Moritzplatz Mr 3,0 +76
  863 m
Kottbusser Tor Kbu 2,2 +13
  667 m
Schönleinstraße ST 1,5 +46
  839 m
Hermannplatz Hpo 0,7 +07
  708 m
Boddinstraße Bo 0,0 +01
  777 m
Leinestraße L 0,7 +78
  667 m
Hermannstraße HMS 1,4 +45

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